Kultur und GeschichteMeldung des Tages

Vom Frixinger Kirchenrennen zum Erhartinger Stephaniumritt

Über 430 Jahre währende Tradition in der Pfarrei Erharting

Erharting: Sucht man in alten Kirchenakten in den Archiven nach Hinweisen zum Erhartinger Stephaniumritt wird man nur über den Umweg der Kirchenrechnungen fündig. In diesen akribisch geführten Rechnungsbüchern, die seit 1553 alle Ausgaben und Einnahmen der Pfarrei Erharting auflisten, erscheint erstmals im Jahr 1589 ein Hinweis auf den Stephaniumritt der damals noch im benachbarten Frixing stattgefunden hatte. Die ehemalige St. Stephanuskirche zählte einstmals zu den vermögensten Kirchen im weiten Umkreis.

Das Frixinger Kirchenrennen mit Sachpreisen

Die Umritte wurden damals oftmals nicht als solche genannt sondern als Rennen bezeichnet. So erscheint auch vor 430 Jahren ein Eintrag in der Frixinger Kirchenrechnung über den Kauf von edlen Stoffen als Rennpreise für „das Rennet am Stephanitag“. Diese als „Renntücher“ bezeichneten Produkte waren schon seit den Turnieren der Ritter im Mittelalter begehrte Trophäen bei Pferderennen und ritterlichen Spielen. Aus weiteren Unterlagen geht hervor, dass der Pfarrer für das Zelebrieren des Hochamtes am Stephanitag zwei Hühner als Lohn erhalten hatte. Die dreimalige Umrundung der Kirche zu Ehren von Gott Vater, Gott Sohn und Heiliger Geist erfolgte dann im strammen Galopp und der Erstplatzierte konnte den Siegespreis in Form des „Renntuches“ und später auch oftmals noch Zaumzeug entgegennehmen. Man fragt sich hier, wieso die Kirche solche äußerst weltliche Gegenstände als Preise auslobte.

„Weil das Opfer gemehret wird“

Der Grund hierfür war mit Sicherheit der finanzielle Aspekt, denn eine solche Veranstaltung zog dementsprechend viele Zuschauer an, die durch großzügige Spenden das Kirchenvermögen nachhaltig verbesserten. Einige Hinweise bei den Einträgen in die Rechnungsbücher erscheint immer wieder der Hinweis: „Zum Rennet am Stephanitag erkauft, weil dadurch das Opfer gemehret wird“.  Weder Notzeiten und Kriegswirren konnten den Umritt zum Erliegen bringen, sogar im Dreißigjährigen Krieg fand der Umritt statt und die Frixinger Kirche leistete sich in diesen schweren Zeiten wertvolle Ausstattungen für ihr Gotteshaus. Inzwischen hatte sich eine nicht unbedeutende Wallfahrt zum Roßpatron St. Stephanus in Frixing entwickelt, sodass der Erhartinger Pfarrer Johann Saugenfinger einen eigenen Geistlichen für das Frixinger Kleinod beantragte. Dieses Ansuchen wurde im Jahr 1677 auch genehmigt. Wegen der schlechten Bezahlung blieben die Benefiziaten jedoch immer nicht allzu lang in Frixing. Mit dem aufkeimenden Gedankengut der Aufklärung, etwa ab 1770, wollte man Prozessionen und Umritte einschränken oder ganz verbieten. Hierzu muss man anmerken, dass viele der damals noch sehr zahlreich abgehaltenen Umritte wegen ausufernder Alkoholexzesse und Schiebungen bei den Rennen in Verruf geraten waren. Die Bauern in der Pfarrei ließen sich davon nicht beirren und ritten trotzdem ihre Rösser zur Segnung am Stephanitag. Als dann im Jahr 1793 der Frixinger Benefiziat Kaspar Leopoldinger verstorben war, wurde die Stelle nicht wieder besetzt. Von da ab wurde das umfangreiche Kirchenvermögen von der Pfarrei Erharting mit verwaltet. Die einsetzende Säkularisation und das damit verbundene Chaos führten dazu, dass zehn Jahre später, als das nunmehr zuständige Ordinariat in Freising nach dem Vermögen von St. Stephanus in Frixing nachfragte, die Verantwortlichen eingestehen mussten, dass wegen ungetreuer Verwaltungsführung nichts mehr vorhanden sei. Der Erhartinger Pfarrer Johann Jäger wurde daraufhin nach Engelsberg strafversetzt.

Umritt von Frixing nach Erharting verlegt

Der anschließende Verkauf und Abriss der ehemaligen Stephanuskirche konnte jedoch die Umrittradition nicht zum Erliegen bringen. Alljährlich ritten die Bauern nach Frixing zum ehemaligen Standort der Kirche. Anstelle der Kirche entstand ein Taglöhnerhaus,(Faltermeieranwesen) das es auch heute noch gibt, die wenigen Ausstattungsgegenstände, wie das im Jahr 1728 vom Mühldorfer Maler Paul Kurz, für 80 Gulden geschaffene Altarbild (dafür bekam man damals 4 Kühe) wurden in die Erhartinger Pfarrkirche verbracht. Daraufhin fand der Umritt fortan in Erharting statt. Über den Ablauf des Stephaniumrittes in Erharting berichtet der Erhartinger Pfarrer August Dollmann in einer Info aus dem Jahr 1847 an das Pfarramt in Au am Inn folgendes:“Hiermit wird zur gefälligen Berichterstattung angezeigt, dass in hiesiger Pfarrei zu Erharting alljährlich am Stephanitag nachmittags ein Stephaniumritt stattfindet. Es wird bei und nach der Vesper eine Reliquie des Hl. Stephanus zum Küssen gegeben, wobei ein freiwilliges Geldopfer gegeben wird, woraus die Kosten für den Umritt bestritten werden und der Rest zur Verschönerung der Kirche verwendet wird. Hierauf findet im nächstgelegenen Feld der  Umritt statt, welchen ein Geistlicher mit Chorrock, Stola und Kreuzpartikel zu Pferd oder zu Fuß begleitet und in der Mitte des Weges den Reitern mit dem Kreuzpartikel den Segen erteilt. Ein anderer Geistlicher erwartet diese Reiter an der Stiege des Kirchhofes und besprengt die Vorbeireitenden mit Weihwasser, worauf jeder in seine Heimat zurückkehrt“.Eine ähnliche Beschreibung des Ablaufs liefert der Coadjutor Franz Xaver Sebrich im Jahre 1866.

Therese Gramersperger, Bammerbauerntochter (heute Rappensperger) von Rohrbach als St. Georg beim Stephaniumritt 1948. Eine Frau in einer typischen Männerrolle als St. Georg, mehr Emanzipation ist nicht möglich. Sie führte die Tradition der Erhartinger „Umrittfrauen“ weiter. Ihr Vater hatte von den amerikanischen Besatzern ein „Militärpferd“ gekauft. Sie hatte Bedenken wie der Gaul wohl in dem Festtagstrubel mit bayerischer Blasmusik reagieren würde. Von Rohrbach kommend reihte sich in den Festzug ein und als die laute Musik einsetzte, vollzog der „Amigaul“ einen Schrittwechsel und trabte im Takt zu den bayerischen Klängen. Musik kennt wirklich keine Grenzen.
Die Bräutochter „Mine“ (Wilhelmine) Röhrl auf einem Brauereipferd beim Umritt ca. 1928 auf der noch ungeteerten Bundesstraße, auch hier auffallend die damals modische Bastperücke, eingeflochten in die Mähne. Das Flechten von Mähne und Roßschweif sollte dafür sorgen, dass Hexen und Kobolde die dem Pferd Schaden zufügen wollten sich in dem Geflecht verstricken und somit nicht an das Pferd herankommen konnten. Viele der typisch anmutenden christlichen Roßbräuche gehen auf heidnische Ursprünge zurück.

Motivwagen ergänzen die bisher üblichen Reiterzüge

Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Umritte ausschließlich Reiterprozessionen. Aufgrund der Häufigkeiten der Veranstaltungen ließ das Zuschauerinteresse nach. Pferde waren zu dieser Zeit etwas ganz alltägliches und das ganze Jahr über fanden Umritte zu Ehren der verschiedensten Heiligen statt. Auch in Erharting kamen nur noch die „Eingefleischten“ für die so eine Veranstaltung eine Musterschau der Rösser war und einen Rosshandel einfädeln wollten. Erste Versuche den Umritt mit Festwagen aufzuwerten waren vielversprechend, aber der 1. Weltkrieg setzte diesem Ansinnen ein jähes Ende.

Keine „leblosen“ Figuren sondern „lebende Bilder“

Vor ziemlich genau 100 Jahren gingen die Erhartinger dann endgültig daran den Festzug von Ross und Reitern mit Festwagen zu bereichern. Dass dies eine gute Entscheidung war, sollte sich schon bald bestätigen. In den 1920er Jahren entwickelte sich der Erhartinger Stephaniumritt zu einem ungeahnten Zuschauermagneten. Die Erhartinger beschränkten sich nicht wie andernorts üblich die Festwagen mit Skulpturen von zu schmücken, sondern stellten lebende Personen auf die Motivwagen die dann Szenen aus den Heiligenlegenden darstellten. Dies war so überwältigend dass wahre Zuschauermassen nach Erharting strömten um dem religiösen Schauspiel beizuwohnen.

Omnibussonderfahrten und Stephani Bockbier

Um  den Besucherstrom bewältigen zu können setzten die umliegenden Busunternehmer Sonderfahrten zum Erhartinger Stephaniumritt ein. Nach den Umritt wurde dann in den Erhartinger Wirtshäusern zum Stephanitanz aufgespielt und die Brauerei Erharting kredenzte zu diesem besonderen Festtag einen speziell gebrauten „Stephani Bock“. Der Mühldorfer Anzeiger setzte seine Leserschaft mit sehr ausführlichen Berichten zum Erhartinger Umritt in Kenntnis. Mit einer besonders detaillierten Beschreibung vom Umritt 1929, also vor über 90 Jahren, brilliert die Mühldorfer Tagespresse, der wir ganz wertvolle Informationen verdanken. In den Ausführungen erfahren wir, dass 114 Pferde beteiligt waren und acht sehr schön dekorierte Festwagen beteiligt waren.

Die neuen Machthaber nutzen den Umritt für ihre Parteipropaganda

 In den 1930er Jahren änderte sich das Umrittgeschehen nach der Machtergreifung der NS. Ab dem Jahr 1933 merkt man dies auch bei der Ankündigung des Umrittes. Hatte man zuvor von kirchlicher Tradition und Heiligen auf Festwagen sowie der feierlichen Segnung von Ross und Reiter gelesen, so wurde nun vom „Stolz der Isentaler Bauern und ihren schönen Pferden die zur Schau geritten werden, berichtet. So wird wohl Erharting auch heuer am Stephanitag der Sammelplatz jener sein, die am alten Brauch und der Sitte festhalten, um sich an schönen Pferden zu erfreuen“, hieß es im weiteren Text. Bei der Beschreibung der Motivwagen werden diese als „gediegene“ Festwagen erwähnt. Den Begriff „heilig“ vermeidet man geflissentlich. Die Wagen werden folgendermaßen kommentiert:“ Die einzelnen Wagen zeigten die Steinigung des Stephanus, betend Bruder Konrad, einen Musikwagen, Erhartinger Buben und Mädchen, den betenden Bauersmann (Heiliger Isidor) mit Pflug und Engel sowie die Geburt Christie“.  

Bauern erheben sich gegen die Parteifunktionäre und bleiben dem Umritt fern

Besonders erwähnenswert war, dass zwei mächtige Fahnen – eine Hakenkreuzfahne und eine schwarz- weiß- rote Fahne beim Umritt mitgetragen wurden“.  Dies ließen sich die Erhartinger Bauern nicht bieten und boykottierten daraufhin den Umritt, was sich in den folgenden Jahren in massiv schwindenden Teilnehmerzahlen drastisch niederschlug. Ein Zeitzeuge erzählte, dass dies eine nicht ungefährliche Aktion war und man die „Nichtteilnahme“ mit der Erkrankung von Pferden  oder dem Fehlen von geeigneten Reitern begründete. Nachdem man sich gegen die Beeinflussung der Parteigenossen erfolgreich durchgesetzt hatte, stieg in den weiteren Jahren auch wieder die Teilnehmerzahl merklich an.

Große Parteikundgebung der NSDAP – Umritt fast Nebensache

Der Umritt im Jahr 1935 war geprägt von einer Parteikundgebung der NSDAP. Hierüber berichtete der Mühldorfer Anzeiger wie folgt:“ Erharting (Kundgebung). Unser schön gelegenes Isendorf war am Stephanitag das Wanderziel vieler. Es galt dem althergebrachten Stephani Umritt und hierauf  der großen Kundgebung  der NSDAP beizuwohnen. Den Umritt belebten bodenständige und mit dem Volke verwurzelte Bilder und Darstellungen. Es nahmen insgesamt 82 Pferde an diesem Umritt teil, der allgemein durch das gute Pferdematerial Freude und Bewunderung erregte. Die anschließende Großkundgebung der NSDAP in der Brauerei Röhrl erfreute sich eines starken Besuches. Die Kundgebung wurde mittels Lautsprecher in die Gastwirtschaft Obermaier übertragen, so dass allen Volksgenossen die Möglichkeit gegeben war, der Versammlung beizuwohnen. Parteigenossen sprachen über alle Fragen, die zur Zeit die Bauern interessieren. Reicher freudiger Beifall dankte den Referenten ihre vorzüglichen Ausführungen“.

Stephani Umritt im Kriegsjahr 1942, der junge Bräu Hans Röhrl, vorne links, begleitet von einem Bräuknecht , im Hintergrund ein polnischer Kriegsgefangener der ein Ross vom Bräu zur Segnung reiten durfte, der Bräu Jakob Röhrl traute sich schon  was mit dieser absolut nicht linientreuen Aktion gegenüber den braunen Machthabern. Die Parteifunktionäre haben dies „zähneknirschend“ hinnehmen müssen, denn der Umritt war für sie eine nicht unbedeutende Plattform für ihre Propagandaaktionen.

Frauen sorgen für Aufrechterhaltung des Umrittbrauches

Nach dem Ausbruch des 2. Weltkrieges waren alle wehrfähigen Männer an den Kriegsfronten eingesetzt und der Fortbestand des Stephaniumrittes schien gefährdet zu sein. Waren bisher Frauen hoch zu Ross eher eine „ordinäre Angelegenheit“ die von der Öffentlichkeit mit den vielfältigsten Vorurteilen bedacht wurden, so sollten es gerade die Frauen sein, die die Umritttradition in Erharting aufrechterhielten. Dies war gar nicht so einfach, denn Frauen durften bis dahin die Pferde lediglich im Stall versorgen und so war es mit deren reiterlichen Geschicklichkeiten nicht weit her, aber die wenigen älteren Männer vermittelten den traditionsverbundenen Frauen und Mädchen die richtige Handhabung von Reitzügel und Zaumzeug und die richtungsweisenden Kommandos „Wist“ für links und „Hott“ für rechts, sowie das Anhaltesignal  „Brrr“ zum Stehenbleiben. Zum Antraben war ein aufforderndes „Wiah“ erforderlich. Den Pferden waren diese Zurufe von klein auf vertraut und da Pferde Herdentiere sind ist es wichtig, dass sie möglichst nicht allein, sondern in einer vertrauten Gruppe zusammen sind. Auf alle Fälle haben die Erhartinger Stephanireiterinnen die Situationen gut gemeistert und damit nicht nur einen wertvollen Beitrag zur Aufrechterhaltung des Umrittbrauchtums geleistet, sondern auch einen nicht zu unterschätzenden großen Schritt in Richtung Emanzipation der Frauen vollzogen und das in einer Zeit in der man Rechte von Frauen so gut wie nicht kannte.

Schallende Ohrfeige für die „Braunen Machthaber“

Wie eine schallende Ohrfeige müssen es die damaligen zweifelhaften Machthaber empfunden haben, als es die Erhartinger Bauern den ihnen zugeteilten Kriegsgefangenen erlaubten ihre Rösser zur Segnung zu reiten, denn schon immer galt ein berittener Mann als Ausdruck von Macht, Freiheit und Überlegenheit. Ein weiterer Affront war, dass die noch unerfahrenen jungen Reiterinnen und Reiter zum Teil von erfahrenen Gefangenen, ebenfalls hoch zu Ross, am Führzügel begleitet wurden und sozusagen als „Sicherheitswacht“ dienten.                                                                 

Pfarrer bittet amerikanische Militärbehörde um Genehmigung des Umrittes

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges  sollte auch die Tradition des Umrittes  weitergeführt werden. Mit einem Schreiben an die amerikanische Militärregierung im Dezember 1945, in dem der Erhartinger Pfarrer Heinrich Wandler um die Genehmigung zur Durchführung des Stephaniumrittes bittet, erhellt sich für uns die damals herrschende Situation der Besatzungsmacht gegenüber dem bayerischen Brauchtum. Das Ansuchen hatte der Pfarrer in Deutsch abgefasst und zur besseren Verständlichkeit für die „Amis“ zusätzlich noch in Englisch erläutert.                                                                   

Der „Liebhartenbauer“ Josef Bachmaier (links) nach glücklicher Heimkehr aus dem 2. Weltkrieg beim Stephaniumritt 1946 mit seinem Rossknecht Josef Speckmaier am Kriegerdenkmal.

 „A religious Procession on Horseback“

Hieraus erfahren wir dass der Umritt als a religious Procession on Horseback, bezeichnet wurde. Zeitzeugen von damals berichten, dass der Umritt im Jahr 1945, aus „Sicherheitsgründen“ von amerikanischen Militärpolizisten hoch zu Roß mit umgehängten Maschinenpistolen begleitet wurde. Für einige Kriegsheimkehrer war in den folgenden Jahren der Umritt immer wieder das Einlösen des Versprechens: “Wenn ich wieder gut heim komm,  dann reit ich beim Stephaniumritt mit“. So kann man abschließend sagen, dass der Stephaniumritt schon immer eine Wallfahrt hoch zu Ross hin zu einem besonders verehrten Heiligtum war, was sich auch im erwähnten Verlöbnis einiger Erhartinger Männer aus der Errettung vor der Kriegsgefahr zeigte. Hatte man in den Kriegsjahren den Umritt ohne Festwagen gestaltet, so ging man in den Nachkriegsjahren wieder dazu über die altbewährten Motivwagen im Festzug zu integrieren. Als dann aber in den 1950er Jahren die Technisierung in der Landwirtschaft immer mehr voranschritt wurden die bäuerlichen Arbeitsrösser immer mehr vom Bulldog dem Dieselroß abgelöst. Als die Beteiligung am Umritt weiter zurückging und im Jahr 1955 nur noch 21 Pferde zur Segnung geführt wurden, entschlossen sich die Organisatoren den althergebrachten Umritt einzustellen.

Stephaniumritt 1948: vorne rechts, Wilhelm Gründl (Linnerbauer) mit einer der vom „Linnerbauern“ in den 1920er Jahren gestifteten Standarten. Auffallend, die nachfolgende Kutsche hat noch eisenbereifte Räder, während im Hintergrund der Motivwagen mit dem Altar der ehemaligen St. Stephanus Kirche von Frixing schon ein typischer „Gummiwagen“ (mit Gummirädern) ist. Es ist anzunehmen, dass dieser Wagen ein Produkt der damals schon wegweisenden Wagenschmiede von Otto Fuhrmann (heute Fuhrmann Nutzfahrzeug) war.   

Neubeginn des Erhartinger Umrittbrauchtums im Jahr 1981

 Als sich Josef Vorbuchner im Jahr 1981 entschloss den Umritt wieder zu beleben schlug ihm viel Unverständnis entgegen, aber er ließ sich nicht beirren und so hat sich der Erhartinger Umritt aus bescheidenen Neuanfängen heraus zum bayernweit größten Stephaniumritt mit lebenden Heiligendarstellungen entwickelt.                                                                                                                                                            

Zum heurigen Stephani Umritt am 2. Weihnachtsfeiertag, 26.12.2023, nachmittags 14 Uhr

werden auf 20 Motivwagen bekannte Szenen aus den Heiligenlegenden gezeigt. Insgesamt etwa 80 Frauen, Männer und Kinder vermitteln einen Einblick in das Leben und Wirken von in der Region besonders verehrten Heiligen. Zahlreiche Reitergruppen zum Teil historisch gewandet, ergänzen das imposante Bild zwischen den einzelnen Festwagen. Heilige hoch zu Ross und die Flucht der Heiligen Familie, stilecht auf einem Esel, geben dem Erhartinger Umritt das unverwechselbare Gepräge.

Weitere Informationen zum diesjährigen Stephani Umritt unter: www.verein-fuer-brauchtumspflege-erharting.de

Beitragsbild (oben): Das älteste Foto vom Erhartinger Umritt stammt aus dem Jahr 1912 und zeigt von links Andreas Kirchisner, Gruberbauernsohn von Hart (heute Reiterhof Schrankl) mit den Knechten. Im „Isengauer Gwand“ und den raren Faltenstiefeln stellten sie sich dem Fotografen. Der Gruberbauer von Hart war für seine vielfach prämierten und gekörten Deckhengste bekannt, er war kein gewöhnlicher Roßbauer, sondern wurde als Hengstbauer bezeichnet. Auffallend die  festliche Aufzäumung mit eingeflochtener Mähnenperücke und die weißen Gurte.                                                            

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert