Von Generalsekretären und den Charismen der CSU
Ministerpräsident Markus Söder baut sein Kabinett um. Da Markus Blume nun als Wissenschaftsminister in die bayrische Landesregierung wechselt, soll der Altöttinger Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer sein Nachfolger werden. Ein Kommentar.
Für Markus Söder sieht es schlecht aus. Die Umfragewerte wollen nicht wirklich steigen – unterbieten momentan sogar noch das ohnehin miserable Ergebnis der letzten Wahl – und der nächste Gang zur Wahlurne steht bereits kommendes Jahr an. Da ist Handlungsbedarf angesagt: und handeln kann Söder, der sich immer gerne als Macher in Szene setzt, mit Reißverschlussstrickjacke unterm Sakko und der Geschichte, die er in regelmäßigen Abständen seinem Volk mitteilt: Dass es in Bayern – vor allem im Pandemiemanagement – ja eh immer besser, schneller und effizienter läuft als in jedem anderen Bundesland. Dass das nicht stimmt, beweist ein Blick auf die Coronazahlen der letzten Jahre, dass die Geschichte außer ihm selbst niemand mehr zu glauben scheint, zeigt ein Blick auf die Umfragewerte.
Nichtsdestotrotz bleibt Söder der feuchte Traum eines jeden CSUlers: landesväterlich, wenn es sein muss auch mal scharf, im Fasching humorig und immer mit dem Nimbus des Möchtegern-Autokratischen umgeben, den der CSUler spätestens seit Franz Joseph Strauß zu schätzen, ja zu lieben gelernt hat.
Wenig passend erscheint da die Personalie Stephan Mayer. Neben dem Bullterrier-artigen Söder wirkt der schlanke, hochgewachsene und immer leicht schräg stehende Stephan Mayer eher wie ein beflissener Beamter denn ein den „Spirit“ der Söder-CSU atmenden Generalsekretär. Noch weniger passend erscheint er im Vergleich zu Markus Blume. Der Eiskunstläufer, der der CSU „Leichtigkeit, womöglich Eleganz“ (FAZ) verleihen wollte und auf dem politischen Aschermittwoch 2020 nicht nach CSU-Manier hauptsächlich gegen die SPD gewettert, sondern vor allem die AfD als Hauptfeind ausgemacht hat, will auch nicht so recht zum Altöttinger Bundespolitiker passen.
Wir erinnern uns: Im großen Flüchtlingsstreit zwischen Merkel und Seehofer, der 2017 fast die Schwesterparteien auseinandergetrieben hätte, schlug unter anderem Stephan Mayer einen sogenannten „atmenden Deckel“ vor, der den Unionsparteien einen „gesichtswahrenden“ Ausweg aus der Pattsituation ermöglichen sollte. Atmender Deckel, das heißt zu Deutsch: Eine Excel-Tabelle mit komplizierter Formel, die bestimmen soll, wie vielen Menschen im Jahr Asyl gewährt werden soll oder nicht. Da wären wir wieder beim Musterbeamten. Statt – um einen Begriff der derzeitigen Bundesregierung zu verwenden – wertgeleitete Politik (was auch immer das heißen soll) zu machen, macht Mayer pragmatische, die vielleicht ein wenig unterkühlt daherkommt, aber dadurch vielleicht auch gerade ihren Reiz erhält. Jetzt scheint das Amt des Generalsekretärs aber eher eine Personalie zu sein, in der ein gewisses Temperament nicht unangebracht wäre. Andererseits ist Temperament gerade in der Unionsspitze, stark konzentriert auf den Vorsitzenden himself, nicht wirklich Mangelware. Und wie Blume der Union Pirouetten drehend Eleganz beibringen wollte, kann Mayer das Protzige, Kraftmayerische, Monarchische des Söder vielleicht mit ein wenig politischem Augenmaß und beamtenhafter Gewissenhaftigkeit abfedern.
Ob das eine gute Gangart im Blick auf die kommende Landtagswahl ist, bleibt fraglich. Schließlich lässt sich das sehr einschlägige und nur ein gewisses Klientel bedienende Charisma Söders nicht gänzlich durch das, wenn dann eher versteckt existente, Charisma Mayers wett machen. Natürlich wünscht jeder gute Bayer seinem Landesvater bei dem Vorhaben, der CSU eine Wahlniederlage zu ersparen, alles Gute – nichts anderes würde er von uns erwarten. Ob eine Umstrukturierung im Personal aber reicht, um die Partei vor 35 oder weniger Prozent zu bewahren und ihn, ihren Chef, vor dem daraus quasi logisch folgerbaren Cäsarentod zu bewahren, wird sich nächstes Jahr zeigen.
Foto: Wikimedia Commons; Henning Schacht