Das neue Jahrbuch des Heimatbundes „Das Mühlrad“ ist da
Dr. Marc Stegherr, Vorsitzender des Geschichtsvereins Heimatbund Mühldorf e.V.
Wer sich über die Geschichte unserer Heimatstadt umfassend informieren will, kommt am „Mühlrad“, dem Jahrbuch des Mühldorfer Heimatbundes nicht vorbei. Dieses Jahr musste die offizielle Vorstellung zwar ausfallen. Aber in den Buchhandlungen am Stadtplatz bekommt man das druckfrische Exemplar ohne weiteres, und der örtliche Buchhandel freut sich genauso wie der Heimatbund und seine Autoren und Autorinnen. Das 62. Jahrbuch „Das Mühlrad“ hat 176 Seiten. In neun Beiträgen werden von 8 Autoren neue und unbekannte Aspekte der reichen Kulturgeschichte unserer Heimat präsentiert. Im Handelshaus Schmidt am Stadtplatz 43 konnte der Mühldorfer Bürger „Confect, Prisilltaback, Liqueurs, kandierte Früchte, Rheinsalm, Wallrosszähne, Schluckbildchchen mit dem Namen Jesu, Flohpulver“ und vieles andere erwerben, „alles, was das Herz begehrt“, aber auch die nötigen Dinge des Alltags. Angelika Kromas spürte im Stadtarchiv Mühldorfs das Anschreibebuch („Strazza“) aus dem Jahr 1647 auf, das mehr als 7000 Einträge aufweist. Das Buch erlaubt uns einen interessanten Einblick in das damalige Einkaufsverhalten der Innstädter. Die Herkunft des Namens „Mühldorf“ ist im „Mühlrad“ immer wieder diskutiert worden. Wolfgang Janka versucht mithilfe der Methoden der Ortsnamenforschung die Entstehung des Stadtnamens zu klären. Ebenso interessant ist die Legende vom „braven Schweppermann“, dem tapferen Feldhauptmann, dem der siegreiche Kaiser Ludwig der Bayer nach der Schlacht von Mühldorf von 1322 zwei Eier und jedem anderen eines überreichte. Diese Geschichte kennt jedes Schulkind. Wieviel Wahrheit ist daran, fragt Bernhard Lübbers. Die Frage, wo der Schicklbräu stand, wo sich der Himmelkeller oder der Sallerbräu befanden, beantwortet der Heimatforscher Meinrad Schroll in einem umfangreichen Beitrag. Um 1700, zur Blütezeit des Brauwesens gab es in Mühldorf fast zwei Dutzend Brauereien und etliche Gaststätten. Im Aktenbestand des Pfarrarchivs Kraiburg findet sich auch ein „Censur-Buch“ der „deutschen Werktagsschule in Taufkirchen v. Wald“ aus dem Schuljahr 1856/57, das damals der Lehrer Jacob Moser zu führen hatte. Er hielt darin nicht nur Schulleistung, Fleiß und Betragen der einzelnen Schüler fest, er dokumentierte auch das Verhalten der Schulkinder und ihr Befinden. Die Einblicke, die er damit in die familiären und gesundheitlichen Verhältnisse gewährt, sind teils erschütternd. Von Johann Wagner, der sich mit dem Censur-Buch befasst, stammt auch ein Beitrag zu den Ursachen für die hohe Kindersterblichkeit in der Pfarrei Lafering bei Taufkirchen im 19. Jahrhundert.
Peter Müller, der bereits eine fundierte Arbeit zum KZ-Aussenlager Mühldorf veröffentlicht hat, stellt detailliert Ablauf und Urteile der Dachauer US-Kriegsverbrecherprozesse dar, vergleicht sie mit den deutschen NSG-Prozessen, und unterzieht sie einer kritischen rechtsethischen Würdigung, die nicht immer zugunsten der US-Gerichtsbarkeit ausfällt. Mit den Fragmenten eines Heiligen Grabes aus Kirchdorf bei Haag beschäftigt sich der Kreisheimatpfleger Ferdinand Steffan. Er kann dabei in seinem fundiert recherchierten Beitrag nachweisen, dass es sich dabei nicht um die Reste des Hochgrabes eines Haager Grafen um 1380 handelt, wie die lokale Geschichtsforschung meint, sondern, dass diese gotischen Reliefs nicht nur ein seltenes und vorzügliches Zeugnis mittelalterlicher Kunst in der Grafschaft Haag sind, sondern wohl auch eines der ältesten bekannten heiligen Gräber in unserer Region. Eine anregende Lektüre wünscht der Heimatbund allen Lesern und Leserinnen des Jahrbuches!
Das Mühlrad ist im Buchhandel für 12,00 € erhältlich, und kann auch über die Internetseite des Vereins bestellt werden.