AfD: Gericht weist Klage gegen Einstufung als Verdachtsfall zurück
Das Bundesamt für Verfassungsschutz will die Alternativ für Deutschland als rechtsextremen Verdachtsfall führen. Eine Klage der Partei gegen die Einstufung wurde vor zwei Tagen vom Verwaltungsgericht Köln abgewiesen. Es lägen genügend Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen in der AfD vor. Dem habe die Partei lediglich „pauschales Bestreiten entgegengesetzt“.
Das Gericht kommt zu dem Schluß: „Die Einschätzung des BfV beruhe auf einer nicht zu beanstandenden Gesamtbetrachtung.“ Auch die Junge Alternative darf zukünftig als Verdachtsfall geführt werden. Wir haben mit Oliver Multusch, Stadtrat der Kreisstadt Mühldorf und erster Vorstand des AfD-Kreisverbands, über die Gerichtsentscheidung gesprochen.
AfD teilweise erfolgreich
Multusch hofft, dass der Bundesvorstand gegen die Entscheidung in Revision gehen wird. Im Gespräch betonte er aber auch die Erfolge der vergangenen Verhandlung: „Bemerkenswert an dem Urteil ist, dass wir durchaus mit ein paar Sachen durchgedrungen sind. Zunächst einmal wurde die vom Verfassungsschutz genannte Anzahl der Flügelmitglieder stark kritisiert und ihre Verwendung untersagt. Eine Kategorisierung des Flügels als gesichert rechtsextremistische Bewegung wurde ebenfalls untersagt.“
Außerdem betonte der AfD-Politiker, dass der Verfassungsschutz nicht die gesamte Partei als gesichert rechtsextrem beobachten will, sondern nur bestimmte Einzelpersonen.
V-Leute & Überwachung
Das Bundesamt für Verfassungsschutz wurde am 07. November 1950 gegründet. Es ist dem Bundesministerium des Inneren und für Heimat nachgeordnet und untersteht dessen Dienst und Fachaufsicht. Ein Umstand, den nicht nur die AfD kritisiert. Die Linkspartei und die Jungsozialisten in der SPD fordern sogar die Abschaffung des Bundesamtes. Dieser Forderung will sich Multusch nicht anschließen: „Abschaffen würde ich den Verfassungsschutz nicht, ich würde ihn tatsächlich umstrukturieren. Es müsste sichergestellt werden, dass es eine absolut unabhängige Behörde ist.“
Die Einstufung als Verdachtsfall erlaubt es dem Verfassungsschutz, die Kommunikation wichtiger Akteure in der AfD mitzuhören und -lesen. Zustimmen muss hierfür lediglich die G-10-Kommission, ein Gremium, das aus vier ehrenamtlichen Mitgliedern und vier Stellvertretern besteht. Die Kommission tagt im Abstand mehrere Wochen in einem abhörsicheren Raum des Bundestages. In der Regel besteht sie aus ehemaligen Bundestagsabgeordneten, aktuell rekrutieren sich die festen Mitglieder aus SPD, CDU, B90/Die Grünen und FDP, die AfD stellt einen Stellvertreter. Auch V-Leute dürfen jetzt angeworben werden, dabei darf es sich aber nicht um Abgeordnete und deren Mitarbeiter oder um Personen mit steuerndem Einfluss handeln. Nach dem Debakel um das NPD-Verbot wurden die Regeln diesbezüglich verschärft.
Die AfD nach dem Austritt Meuthens
Seit kurzem ist die Republik um einen prominenten AfD-Kritiker reicher: Jörg Meuthen. Der ehemalige Bundessprecher verließ am 10.02.2022 die Partei und folgte damit seinen Vorgängern Lucke und Petry. Meuthen war in der Partei seit längerem umstritten, vor allem die Ostverbände störten sich an der gemäßigten Linie des Europaabgeordneten. Politische Wettbewerber und Medien warfen Meuthen vor, als „bürgerliches Feigenblatt“ die Rechtsextremen in der Partei salonfähig zu machen. Sein Weggang wird als Zeichen für eine weitere Radikalisierung der AfD gewertet.
Multusch bedauert die Entscheidung Meuthens, seine kompetente und sachliche Art hätten ihm in der Partei, in den Medien und beim politischen Gegner viel Respekt eingebracht. Den Riss zwischen Partei und Meuthen erklärt Multusch mit der Struktur der AfD: „Man muss wissen wie die AfD funktioniert. Bei uns wird nicht – wie bei anderen Parteien – das meiste von oben nach unten durchgereicht. Bei uns gibt es eine sehr starke Basis, die auf ihre eigenen Meinungsbildungsprozesse großen Wert liegt. Da ist er [Meuthen] an seine Grenzen gestoßen. Er wollte zu schnell zu viel.“
Dass es tatsächlich zu einer Beobachtung kommt, glaubt Multusch nicht: „Wir werden in den höheren Instanzen mit unseren Argumenten durchdringen können.“ Er vermutet, „dass das Gericht in Köln sich nicht den Schwarzen Peter anhängen wollte, die AfD vom Haken zu lassen. Das wollte man auf die höheren Ebenen verlagern.“
Foto: © Bundesamt für Verfassungsschutz