Bundestagswahl: Peter Biela für die grüne Wirtschaftswende
Für die Probleme, mit denen Deutschland derzeit zu kämpfen hat, werden gerne die Grünen verantwortlich gemacht. Nach den Gründen haben wir Peter Biela, den Direktkandidaten für die Landkreise Altötting und Mühldorf gefragt. Er erklärt, wie eine grüne Energie- und Wirtschaftspolitik aussehen könnte.
Die Unzufriedenheit mit den Grünen zeigt sich auch in den Umfragen: Einen grünen Kanzler – eine Option, die vor der Bundestagswahl 2021 ernsthaft diskutiert wurde – ist nach aktuellem Stand kaum denkbar. Dass die Grünen in der kommenden Regierung eine Rolle spielen werden, ist hingegen gut möglich.
Was das bedeuten könnte, haben wird Peter Biela gefragt, der als Direktkandidat für die Landkreise Mühldorf und Altötting antritt. Der 1983 geborene setzt sich neben klassischen grünen Themen vor allem für eine Verbesserung der Infrastruktur im ländlichen Raum ein. Die Schuld für den Popularitätsverlust seiner Partei sieht er auch bei den politischen Mitbewerbern.
Deutschland erlebt derzeit eine wirtschaftliche Stagnation und einen Rückgang der Industrieproduktion. Die Energiewende sehen viele als Grund dafür. Wie stehen Sie dazu?
Es ist unbestritten, dass Deutschland derzeit wirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen hat, doch die Energiewende als Grund für die wirtschaftliche Stagnation zu nennen, greift zu kurz. Vielmehr sind es eine Vielzahl von Faktoren, darunter globale wirtschaftliche Unsicherheiten, hohe Zinsen, geopolitische Spannungen und strukturelle Herausforderungen, die die deutsche Wirtschaft belasten. Zudem zeigt sich, dass eine alleinige Betrachtung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) oft zu falschen Interpretationen führt. Während das BIP derzeit stagniert, steigt die Bruttowertschöpfung dennoch weiter. Ein zentraler Faktor für die gestiegenen Energiekosten war nicht der Ausbau erneuerbarer Energien, sondern externe Einflussfaktoren wie die starke, einseitige Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus Russland. Die geopolitischen Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben diese Abhängigkeit schmerzhaft offengelegt und die Preisexplosion ausgelöst. Gerade deshalb ist der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien nicht nur eine klimapolitische Notwendigkeit, sondern auch eine wirtschaftliche und sicherheitspolitische Chance, um langfristig stabile Energiepreise zu gewährleisten. Wir zahlen jährlich so viel für fossile Energieträger ins Ausland, da ist doch eine heimische Energiewertschöpfung sinnvoller. Die Herausforderung besteht darin, diesen Wandel so zu gestalten, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie erhalten bleibt – unter anderem durch gezielte Förderungen, Innovationsanreize und eine verlässliche Infrastruktur.
Wie lassen sich die ehrgeizigen Klimaziele Ihrer Partei mit dem Erhalt einer starken Wirtschaft verbinden?
Die ehrgeizigen Klimaziele meiner Partei und eine starke Wirtschaft schließen sich nicht aus – im Gegenteil. Eine nachhaltige Wirtschaftspolitik kann zu mehr Innovationen, neuen Arbeitsplätzen und einer resilienten Wirtschaft führen. Investitionen in klimafreundliche Technologien und eine zukunftsfähige Infrastruktur schaffen langfristige Wettbewerbsvorteile.
Konkret bedeutet das:
- Ausbau erneuerbarer Energien mit planbaren Kosten für Unternehmen
- Förderung von Wasserstofftechnologien, klimaneutraler Industrieproduktion mit Fokus auf Kreislaufwirtschaft
- Effizienzsteigerung durch Digitalisierung und intelligente Netze
- Forschung und Entwicklung gezielt unterstützen
- Unternehmen durch verlässliche Rahmenbedingungen Planungssicherheit geben
Wenn wir diesen Wandel klug steuern, profitieren sowohl Umwelt als auch Wirtschaft.
Die hohen Energiepreise belasten sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen. Wie lässt sich eine bezahlbare und zugleich nachhaltige Energieversorgung sicherzustellen, insbesondere nach dem Ausstieg aus der Kernenergie?
Die hohen Energiepreise sind ein großes Problem für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen. Kurzfristig helfen gezielte Entlastungen und die Reform des Strommarktes. Mittelfristig müssen wir die Energiewende beschleunigen, um die Kosten zu senken. Es ist wichtig zu betonen, dass die hohen Energiepreise nicht durch erneuerbare Energien verursacht wurden. Im Gegenteil: Strom aus Wind- und Solarenergie ist heute bereits deutlich günstiger als Strom aus fossilen Quellen. Die Preisexplosion wurde primär durch die Abhängigkeit von russischem Gas und die darauffolgende Erpressbarkeit Deutschlands ausgelöst. Auch das Kernenergieaus hatte keine Auswirkungen auf den Strompreis, auch wenn das die Lobbyisten natürlich anders sehen.
Daher gilt es nun, schnell und entschlossen umzusteuern:
- Der schnellere Ausbau erneuerbarer Energien sorgt für stabile und kalkulierbare Preise
- Der Ausbau von Speicherkapazitäten gleicht Schwankungen aus
- Eine gerechtere Finanzierung der Netzkosten entlastet private Verbraucher und Unternehmen
Eine Reform des Strommarktes und eine dynamisierte Einspeisevergütung Deutschland kann mit einer konsequenten Transformation eine stabile und kostengünstige Energieversorgung erreichen. Es wird immer behauptet, Deutschland würde eine Sonderweg gehen. Die Weltweiten Zahlen zeigen es jedoch anders.
Die jüngsten Attentate in München, Magdeburg und Aschaffenburg verdeutlichen die negativen Auswirkungen der Masseneinwanderung. Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um die innere Sicherheit wiederherzustellen?
Die jüngsten Attentate sind schreckliche Ereignisse, die uns alle betroffen machen. Gleichzeitig ist es wichtig, solche Taten nicht vorschnell einer einzigen Ursache zuzuschreiben. Innere Sicherheit ist ein komplexes Thema, das sowohl eine konsequente Strafverfolgung als auch präventive Maßnahmen erfordert.
Wichtige Maßnahmen sind:
- Mehr Personal und bessere Ausstattung für Polizei und Justiz
- Frühzeitige Prävention, um Radikalisierung zu verhindern
- Verbesserte Integration, um gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern
- Eine europaweite Zusammenarbeit im Kampf gegen organisierte Kriminalität
- Arbeitserlaubnisse ab Tag 1 ermöglichen
Pauschale Schuldzuweisungen lösen keine Probleme – wir brauchen sachliche und wirksame Maßnahmen für mehr Sicherheit. Aus meiner persönlichen Sicht müssen wir zudem den sozialen Wohnungsbau endlich umsetzen, denn hier ist ein zentraler Problempunkt mit vielen Folgeeffekten.
Die Digitalisierung und der Ausbau der Infrastruktur sind essenziell für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Welche Prioritäten setzen Sie in diesen Bereichen, insbesondere für ländliche Regionen wie Altötting und Mühldorf?
Ländliche Regionen wie Altötting und Mühldorf dürfen nicht abgehängt werden. Der Breitbandausbau und die Digitalisierung sind entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts und die Lebensqualität der Menschen.
Ich setze mich für folgende Maßnahmen ein:
- Beschleunigung des Glasfaserausbaus durch gezielte Investitionsprogramme
- Bessere Mobilfunkabdeckung mit einer Verpflichtung für Anbieter, auch ländliche Gebiete und Bahnstrecken zu versorgen
- Digitalisierung der Verwaltung, um Wege und Bürokratie für Bürger und Unternehmen zu erleichtern. Eine PDF in der Verwaltung bedeutet keine Digitalisierung
- Förderung digitaler Bildung, um Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf die Zukunft vorzubereiten
Angesichts des Investitionsbedarfs in diesem und anderen Bereichen wird eine Lockerung der Schuldenbremse diskutiert. Unterstützen Sie eine Reform der Schuldenbremse, um notwendige Investitionen zu ermöglichen?
Die Schuldenbremse in ihrer aktuellen Form behindert dringend notwendige Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Digitalisierung und Klimaschutz. Ich unterstütze daher eine Reform, die es ermöglicht, gezielt Zukunftsinvestitionen zu tätigen, ohne die finanzielle Stabilität zu gefährden.
Deutschland muss in seine Zukunft investieren, statt notwendige Maßnahmen aufzuschieben. Eine kluge Reform könnte zum Beispiel Investitionen von laufenden Ausgaben trennen oder einen gesonderten „Zukunftsfonds“ schaffen. Faktisch soll die Schuldenbremse nicht für strukturelle Investitionen gelten, denn das sind Investitionen für unsere Kinder, die sie nur noch teurer nachholen müssten.
Wie würden Sie sich im Bundestag für die Belange der Landkreise Altötting und Mühldorf einsetzen?
Meine Prioritäten für unsere Region:
- Klimaschutz als Zentraler Punkt zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen
- Sicherung und Schaffung tarifgebundener Arbeitsplätze
- Unterstützung der regionalen Wirtschaft beim Strukturwandel
- Förderung des öffentlichen Nahverkehrs und Elektrifizierung der Bahnstrecken sowie deren doppelgleisiger Ausbau
- Förderung von erneuerbaren Energien, um Wertschöpfung in der Region zu halten
Von einstigen Höchstständen ist Ihre Partei in den Umfragen derzeit weit entfernt. Woran liegt das? Wurden in der vergangenen Legislaturperiode Fehler gemacht?
Ja, unsere Partei hat in den Umfragen verloren – das hat viele Gründe. Eine Regierungsbeteiligung bedeutet, dass man Kompromisse eingehen muss, und einige Wählerinnen und Wähler wünschen sich klarere Positionen. Gleichzeitig sind wir in einer schwierigen globalen Lage, in der einfache Antworten nicht funktionieren.
Ein wesentlicher Punkt ist aber auch, dass wir gezielt durch Kampagnen schlecht geredet wurden. Uns wurden Maßnahmen zugeschoben, die jede andere Regierung ebenso hätte umsetzen müssen. In vielen Bereichen waren wir zu sehr in den Sachprozessen aktiv und haben dabei übersehen, besser zu kommunizieren, was wir tatsächlich getan haben.
Ein Beispiel dafür ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das in der vorherigen Legislaturperiode von der CDU initiiert wurde. Die ursprüngliche Fassung dieses Gesetzes war erheblich strenger und hätte ab 2035 gravierende finanzielle Belastungen für Eigentümer fossiler Heizsysteme bedeutet. Es war Robert Habeck, der das Gesetz entschärft und sozialverträglicher gestaltet hat. Doch anstatt diese Fakten in den Vordergrund zu rücken, wurde das Gesetz von politischen Gegnern als „Heizungsgesetz“ umetikettiert und gezielt schlechtgeredet. Damit wurde bewusst der Eindruck erweckt, als hätten wir den Menschen neue Lasten aufgebürdet, während wir in Wahrheit dafür gesorgt haben, dass es sozialverträglicher wird.
Das zeigt sich auch in der fachlichen Einschätzung: Heizungsbauer und der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) sind sich einig, dass das neue Gesetz nicht mehr geändert werden sollte, da die aktuellen Fördermodelle gut sind und Planungssicherheit geschaffen wurde.
Diese gezielte Kampagne ist nur ein Beispiel dafür, wie Inhalte verzerrt wurden, um Stimmung gegen uns zu machen. Unser Fehler war, dass wir nicht offensiver kommuniziert haben, welche Verbesserungen wir tatsächlich erreicht haben. Daraus müssen wir lernen, denn eine erfolgreiche Politik braucht nicht nur gute Konzepte, sondern auch eine klare und transparente Vermittlung an die Bürgerinnen und Bürger.
Das Aus der Ampel hat uns jedoch wieder einen Auftrieb gegeben, wir verzeichnen einen Mitgliederzuwachs den es so bisher nicht gegeben hat.
Sollten die Grünen Ihrer Meinung nach eine Regierungsbeteiligung anstreben? Welche Partner halten Sie für geeignet?
Ich halte eine Regierungsbeteiligung der Grünen für sinnvoll, denn Opposition bedeutet auf die Umsetzungen der anderen zu hoffen. Ich möchte Gestalten und das geht nur mit Regierungsbeteiligung. Politik bedeutet Verantwortung und den Mut, Kompromisse zu fassen.
Koalitionspartner sollten in der Lage sein, an sachlichen Lösungen zu arbeiten – dazu gehören Parteien, die Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Vernunft nicht gegeneinander ausspielen, sondern zusammenbringen wollen.
Foto: © Rainer Stöger
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