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Organspende: Gesundheitsministerin Gerlach wirbt in Spanien für Widerspruchslösung

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach hat ihren dreitägigen Besuch in Spanien mit einem Fokus auf die Organspende gestartet. In Barcelona informierte sie sich über die Widerspruchslösung, die dort seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert wird, und warb dafür, dieses Modell auch in Deutschland einzuführen. Gleichzeitig bleibt die Kritik an dieser Regelung ein zentraler Diskussionspunkt.

Beim Besuch der katalanischen Transplantationsorganisation OCATT hob Gerlach die beeindruckenden Ergebnisse der spanischen Widerspruchslösung hervor: „Spanien und insbesondere Katalonien weisen weltweit führende Zahlen bei der Organspende auf. Die Widerspruchslösung ist ein entscheidender Grund dafür.“ In Spanien gilt seit 1979 die Regelung, dass jede Person automatisch Organspender ist, wenn sie zu Lebzeiten nicht widersprochen hat.

Die Zahlen sprechen für sich: In Spanien werden jährlich rund 5.000 Organe transplantiert, mit einer Spenderate von 49 Spenden pro eine Million Einwohner – in Katalonien sogar 176. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Spenderate bei lediglich 11 pro eine Million Einwohner. Bayerns Ministerin sieht hier dringenden Handlungsbedarf: „Die Lücke ist eklatant, insbesondere wenn allein in Bayern rund 1.200 Menschen auf ein lebensrettendes Spenderorgan warten.“

Kritik an der Widerspruchslösung

Trotz der offensichtlichen Vorteile wird die Widerspruchslösung in Deutschland kontrovers diskutiert. Kritiker argumentieren, dass die automatische Zustimmung die individuelle Entscheidungsfreiheit einschränkt. Zudem wird befürchtet, dass die Regelung das Vertrauen in das Gesundheitssystem untergraben könnte, wenn Menschen das Gefühl haben, nicht ausreichend informiert zu werden. Auch ethische und religiöse Aspekte spielen eine Rolle, da einige Menschen den Gedanken ablehnen, dass ohne aktives Einverständnis über ihren Körper nach dem Tod verfügt wird.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Praxis in Spanien, die zeigt, dass die Widerspruchslösung allein nicht ausreicht: Trotz der gesetzlichen Regelung wird dort in der Regel die Zustimmung der Angehörigen eingeholt, bevor eine Organspende durchgeführt wird. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, das Thema nicht nur gesetzlich, sondern auch gesellschaftlich zu verankern.

Ein Appell an den Bundestag

Gerlach betonte, dass die Einführung der Widerspruchslösung nicht nur die Zahl der Organspenden erhöhen, sondern auch Angehörige entlasten könnte: „Wer zu Lebzeiten für Klarheit sorgt, nimmt seinen Angehörigen eine schwere Last in schwierigen Stunden ab.“ Sie sieht den deutschen Bundestag in der Pflicht, die Weichen für die Widerspruchslösung zu stellen, nachdem Bayern bereits im Bundesrat zugestimmt hat.

Die Ministerin setzt ihren Besuch in Barcelona fort, um weitere Gespräche zu führen, unter anderem mit der katalanischen Gesundheitsministerin Olga Pané i Mena. Dabei dürfte sie sowohl die Erfolgsgeschichte Spaniens als auch die Herausforderungen der Widerspruchslösung im Blick behalten.

Organspende: Widerspruchslösung bleibt umstritten

Die Diskussion um die Widerspruchslösung bleibt komplex. Während Spanien ein Vorbild für die Wirksamkeit dieser Regelung ist, darf die Kritik nicht übergangen werden. Entscheidend wird sein, wie Deutschland den gesellschaftlichen Dialog gestaltet und ob es gelingt, die Bevölkerung umfassend zu informieren und mitzunehmen. Nur so kann eine tragfähige Lösung gefunden werden, die sowohl die Zahl der Organspenden erhöht als auch die individuellen Rechte wahrt.

Bild: © Jasmin777 auf Pixabay

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