GesellschaftMeldung des Tages

Zweiter Versuch. Wieder gescheitert?

Die Geschichte wiederholt sich – und das schneller als gedacht: Ein Generalsekretär aus der Nähe Altöttings, ein Konservativer und auf dem Fuß folgende mediale Vorwürfe. Und doch gibt es Unterschiede in den Personalien. Ein Kommentar.

Wer Martin Huber persönlich kennt, wird sich über seine Ernennung zum Generalsekretär der CSU gefreut haben. Da ist ein bodenständiger, freundlicher, konservativer Familienvater, mit dem man reden kann, dem man auch mal in der Kirche begegnet, ein CSUler, wie man ihn sich eigentlich wünscht. Engagiert für Europa und die Umwelt, ist er auch ein CSUler der Jetzt-Zeit, mit Themen, die ihn klar interessieren, die er sich zu Eigen gemacht hat.

Wer Stephan Mayer persönlich kennt, wird sich vielleicht zuerst ein bisschen, aber nach und nach immer weniger über die Geschichte gewundert haben, die in den letzten Tagen an die Öffentlichkeit gelangt ist. Mayer will Journalisten vernichten? Mayer hat ein uneheliches Kind, um das er sich nicht kümmert? Naja. In der Wortwahl vielleicht alles ein bisschen übertrieben, aber irgendwas wird schon dran sein. Wobei – als Randnotiz – doch die Frage erlaubt sein darf, seit wann ein uneheliches Kind in der CSU ein Skandal ist? Haben doch der aktuelle CSU-Chef und sein Vorgänger beide Kinder in die Welt gesetzt, deren Mutter sich nicht im heiligen Stand der Ehe mit dem jeweiligen Vater befunden hat? Hat es ihnen geschadet? Nicht wirklich.

Umso größer die Freude über Huber: Endlich einer, der mal was darstellt – etwas außer Parteisoldatentum und kaffeeatmige Beamterei. Und dann der Schock: Abgeschrieben hat er, Zitate nicht ausgewiesen. Eine größere Sünde scheint es ja in der heutigen Politik gar nicht zu geben. In den Urlaub fahren, während die eigenen Bürger ersaufen? Da wurden Rücktrittsforderungen zuerst einmal mit Sexismusvorwürfen gekontert, bis selbst die Grünenspitze gemerkt hat, dass das einfach nicht geht und der uneinsichtigen Ministerin den Rücktritt mehr oder minder aufgezwungen hat. Im Fernsehen schnelle Ergebnisse bei Ringtausch und Waffenlieferungen ankündigen, aber keine Ahnung haben, wie viele Panzer in den Kasernen stehen? Himmelschreiende Inkompetenz und erschreckendes Desinteresse beim eigenen Ministerium? Für die Verteidigungsministerin kein Grund, sich zumindest zu entschuldigen. Tiktokvideos aus der Quarantäne, während in Europa Krieg ist? Für die Frau, die das zweithöchste Amt im Land bekleidet kein Problem – Entwürdigung des Amtes wäre durch so etwas nicht gegeben. Aber es wäre mit Sicherheit gegeben, würde sich herausstellen, dass sie in ihrer Doktorarbeit abgeschrieben hätte.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Plagiate sind etwas sehr unredliches, geistiges Eigentum zu stehlen und sich zu eigen zu machen, ist tatsächlich kein Kavaliersdelikt. Und so wackelt derjenige, der Mayer eigentlich als Stabilitätsfaktor nachfolgen sollte, sofort, nicht einmal zwei Tage nach seiner Ernennung. Da kann man jetzt auf verschieden Arten reagieren:

Entweder, man gibt der linken Presse die Schuld: Ist ja klar, dass die wieder was gefunden haben, dass die einem vielversprechenden konservativen Politiker Steine in den Weg legen. Oder man kann resignierend den Kopf schütteln, leise „Mei, sogar der Huber … Sogar der Huber“ murmeln und wehmütig den Blick zum Straußportrait an der Wand heben.

Oder man kann sich bewusst machen, dass das die Realität ist, in der wir leben: Dass es eine politische Klasse gibt, die sich offenbar nicht an das hält, was für andere zu gelten scheint. Sei es Alkoholverbot am Steuer, die Verpflichtung sich um sein Kind zu kümmern, Journalisten ihre Arbeit machen zu lassen oder aber die im Vergleich lächerlich daherkommende Geschichte, dass man als Student es nicht für nötig gehalten hat, sich an die Grundlagen redlichen wissenschaftlichen Arbeitens zu halten. Resignieren darf man da nicht, man muss es bloß wissen. Und man muss auch wissen, dass der Politiker immer wieder enttäuscht. Sei es durch unredliches Verhalten oder durch schlechte Arbeit: So zum Beispiel der französische Präsident Macron, der am Beginn seiner Amtszeit zum Heilsbringer, zum Siegel der Propheten des Europäischen Traums erhoben wurde und jetzt nur deswegen wiedergewählt wurde, weil man sich vor Le Pen fürchtet. Sei es der Kanzler Scholz, der in einer umjubelten Rede die Zeitenwende verkündete und jetzt wie ein Frosch unterm Seerosenblatt hockt und hofft, dass, wenn er sich nur ganz still hält, ihn keiner auf diese unangenehme Geschichte in der Ukraine anspricht. Oder Biden, bei dem Europa kollektiv aufgeatmet hat – endlich ist der Trump weg – sich aber jetzt weder politisch noch kognitiv seinen Aufgaben gewachsen zeigt.

Wie gesagt, resignieren darf man nicht. Denn wenn man resigniert, schaut man vielleicht seufzend vom Portrait des letzten bayerischen Königs zu dem des ehemaligen österreichischen Kaisers und Namensvettern Franz Joseph I und erinnert sich an seinen Satz: „Ich bin der letzte Monarch der alten Schule. Es ist meine Aufgabe, meine Völker vor ihren Politikern zu schützen!“. (Die Quelle hierfür ist übrigens: https://beruhmte-zitate.de/autoren/franz-joseph-i-von-osterreich/, zuletzt besucht am 09.05.2022.)

Bild: © Michael Lucan, CC BY-SA 3.0 DE https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en, via Wikimedia Commons

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