Wirtschaftsweise kritsieren KiTAs – wo bleibt die Familie?
Die Diskussion um die Kinderbetreuung und das Familienbild in Deutschland hat durch die Äußerungen von Monika Schnitzer, der Vorsitzenden des Sachverständigenrates, neue Aufmerksamkeit erhalten. Schnitzer kritisiert, dass KiTAs in Deutschland oft unzuverlässig sind, was Eltern, insbesondere Mütter, zwingt, beruflich zurückzustecken. Sie fordert eine bessere Finanzierung und mehr Personal für die Kinderbetreuung sowie eine Reform des Ehegattensplittings, das sie als Hemmnis für die Gleichstellung von Frauen und Männern sieht.
Während Schnitzers Kritik einige berechtigte Punkte anspricht, lässt ihre Argumentation einige wichtige Aspekte außer Acht und wirkt stellenweise zu eindimensional.
Die Bedeutung des traditionellen Familienbildes
Das traditionelle Familienmodell, bei dem ein Elternteil – meist die Mutter – die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung übernimmt, hat lange Zeit als Stabilitätsanker für Familien gegolten. Kinder profitieren von einer festen und kontinuierlichen Bezugsperson, die Sicherheit und emotionale Bindung bietet. Studien zeigen, dass gerade in den ersten Lebensjahren eine intensive Betreuung durch die Eltern oder einen Elternteil positive Effekte auf die Entwicklung haben.
Schnitzers Fokussierung auf den Ausbau der Kitas und die berufliche Gleichstellung ignoriert jedoch die Bedürfnisse vieler Familien, die bewusst am traditionellen Modell festhalten möchten. Dieses Modell wird oft nicht aus Zwang, sondern aus Überzeugung gewählt. Die einseitige Betonung auf Erwerbstätigkeit als Maßstab für Gleichstellung kann als Abwertung der Care-Arbeit verstanden werden, die nach wie vor einen essenziellen Beitrag zur Gesellschaft leistet. Viele Familien möchten eine bewusste Entscheidung darüber treffen, wie sie ihre Kinder betreuen, ohne dabei von politischen Maßnahmen in eine bestimmte Richtung gedrängt zu werden.
Die Rolle von Vätern und moderne Familienbilder
Die Kritik von Schnitzer an den traditionellen Rollenbildern und steuerlichen Anreizen wie dem Ehegattensplitting ist gerechtfertigt, da diese Strukturen oft verhindern, dass Väter ihre Rolle in der Familie aktiv ausweiten können. Tatsächlich hat sich gezeigt, dass Kinder enorm davon profitieren, wenn Väter stärker in die Betreuung eingebunden sind. Ein modernes Familienbild, das die Wahlfreiheit ermöglicht, wer die Hauptbetreuung übernimmt – sei es die Mutter oder der Vater – ist daher wünschenswert.
Trotz ihrer berechtigten Forderungen nach einer besseren Kinderbetreuung und mehr Gleichstellung sind einige Punkte von Schnitzers Argumentation problematisch:
Schnitzer hebt hervor, dass unzuverlässige KiTAs Eltern zwingen, beruflich kürzerzutreten. Diese Kritik verkennt jedoch, dass eine „Rund-um-die-Uhr“-Verfügbarkeit von Kitas nicht für alle Familien die beste Lösung ist. Viele Eltern wünschen sich Zeit mit ihren Kindern und sehen in einer übermäßigen Delegation der Erziehungsarbeit an externe Einrichtungen keinen Vorteil.
Das traditionelle Familienbild darf nicht als überholt dargestellt werden. Es gibt es viele Familien, die sich bewusst für dieses Modell entscheiden, weil es ihren Werten oder Bedürfnissen entspricht. Eine echte Gleichstellungspolitik sollte auch diese Wahl respektieren und unterstützen.
Der Fokus auf die berufliche Gleichstellung blendet aus, dass die Zeit, die Eltern – sei es Mutter oder Vater – mit ihren Kindern verbringen, eine zentrale Rolle in deren Entwicklung spielt. Auch wenn Kitas wichtige Unterstützung bieten, können sie die elterliche Präsenz nicht vollständig ersetzen.
Schnitzer fordert mehr Betreuungsplätze und eine Abschaffung des Ehegattensplittings, bleibt jedoch vage in Bezug auf alternative Modelle. Familienpolitik sollte individuellere und vielfältigere Ansätze ermöglichen, anstatt nur auf Erwerbstätigkeit und KiTAs zu setzen.
Balance zwischen Tradition und Moderne
Monika Schnitzers Forderungen nach besserer Kinderbetreuung und der Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen sind wichtig und notwendig, um Familien mehr Optionen zu bieten. Allerdings sollte diese Debatte nicht einseitig geführt werden. Das traditionelle Familienmodell, bei dem ein Elternteil zu Hause bleibt – sei es die Mutter oder der Vater –, hat nach wie vor seine Berechtigung, wenn es der Familie und den Bedürfnissen des Kindes entspricht. Ebenso wichtig ist die Anerkennung und Wertschätzung von Care-Arbeit, unabhängig davon, ob sie von Männern oder Frauen geleistet wird.
Eine moderne Familienpolitik sollte daher auf Wahlfreiheit und Flexibilität setzen, statt ein bestimmtes Modell zu bevorzugen oder zu benachteiligen. Kinder, Eltern und die Gesellschaft profitieren am meisten von einer Vielfalt an Möglichkeiten, die individuellen Lebensentwürfen gerecht werden.
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