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„Babylon Mühldorf“ – eine Schülerausstellung über die 1920er-Jahre der Regionalgeschichte des Landkreises Mühldorf am Inn

Es ist Freitagabend, den 2. Dezember 2022, kurz nach 17 Uhr. Die Pausenhalle des Ruperti-Gymnasiums füllt sich zu dieser für ein Schulhaus unüblichen Zeit mit Menschen. Denn das Projektseminar Geschichte des Abiturjahrgangs 2023 hat zur Eröffnung seiner Ausstellung geladen.

Nach dem Einfinden aller Gäste begrüßt Schulleiterin und Hausherrin Christine Neumaier die Anwesenden und übergibt das Wort anschließend an die Seminaristen. Diese berichten nun von der Entstehung ihres Projekts: Im Rahmen der gymnasialen Oberstufe ist für jeden Schüler das Mitwirken in einem Seminar zur Berufs- und Studienorientierung vorgesehen, im Zuge dessen auch ein gemeinsames Projekt über anderthalb Jahre hinweg ausgearbeitet werden soll. Ziel ist die Vermittlung von methodischen und sozialen Fähigkeiten für das spätere Berufsleben.

Daniel Maier, bis zu diesem Schuljahr noch Lehrkraft am Gymnasium, kam vor dem Hintergrund der dritten Staffel der ARD-Erfolgsserie „Babylon Berlin“ auf die Idee, eine Museumsausstellung im Rahmen eines Seminars auszuarbeiten. Die Goldenen Zwanziger – ein doch sehr stereotypenlastiges Phänomen – sollen dargestellt werden, allerdings fernab der bekannten Zentren wie Berlin. Der Heimatlandkreis soll vielmehr ins Zentrum der Bemühungen rücken! Kult- und Partyszene in der Hauptstadt der Republik der 20er-Jahre ist den meisten Geschichtsinteressierten sofort präsent, das ländliche, „einfache“ Leben findet selten Beleuchtung. Aus eben diesem Grund soll die Schülerausstellung die verschiedensten Bereiche des gesellschaftlichen Lebens beleuchten und herausfinden, wie die Mühldorfer vor hundert Jahren gelebt, geglaubt, gewirtschaftet, gelernt, sich körperlich betätigt und wie sie eingekauft haben. Seit September 2021 arbeiteten die 15 Kursmitglieder – seit diesem Schuljahr mit der neuen Betreuungslehrkraft Julia Anstötz – daran, Materialien aus lokalen Archiven sowie von privaten Leihgebern zu besorgen. Das thematische Spektrum der Partner und Quellen erstreckte sich vom Archiv der Stadtpfarrkirche Sankt Nikolaus bis zum Hutmodenladen Greiner am Stadtplatz. Neben dem Aussetzen der vielen Ausstellungstexte wurde auch museumsdidaktische Arbeit angestellt: In Kooperation mit Korbinian Engelmann, dem Leiter des Mühldorfer Geschichtszentrums, wurde die Struktur der Ausstellung ausgearbeitet: Auf ausfahrbaren Roll-ups und in Schaukästen werden nun die Exponate – sowohl Schriftstücke als auch haptische Objekte wie Werkzeuge oder Ladenschilder – den Rezipienten präsentiert. Bereits Ende November erhielt die Pausenhalle des Ruperti-Gymnasiums einen neuen Anschein: Die Tische und Stühle mussten weichen, eine große Museumsnische im Freizeitbereich der Schule entstand.

Nach dieser kurzen Einführung in die Entstehungsgeschichte des Seminars betreten die ersten neugierigen Besucher den durch die Vitrinen eingeschlossenen Ausstellungsraum, in dem besonders die großen Roll-ups mit den Hintergrundmotiven ins Auge stechen. Diese sind – durch die freundliche Unterstützung aus den Mitteln des Stadtmuseums – professionell vom Ausstellungsgraphiker der Stadt Mühldorf gestaltet worden.

Nachdem die Ehrengäste aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kirche ihre Leihgaben – nun im Gesamtbild der Ausstellung –begutachtet sowie die geschichtsinteressierten Gäste einen tiefen Einblick in die Regionalgeschichte Mühldorfs erhalten hatten, begann ein reger Austausch über die Arbeit des Seminars sowie den doch sehr aufwendigen Prozess des Museumsbaus in der Schule. Ein Umtrunk in der Pausenhalle bildete den Ausklang dieses gelungenen historischen Abends am Ruperti-Gymnasium, das selbst vor einem Jahr sein hundertjähriges Bestehen und seine Gründung in den Goldenen Zwanzigern gefeiert hat.

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