Serie von Bandendiebstählen durch „falsche Pflegekräfte“
Traunstein. Im Juni 2024 kam es in einer betreuten Wohneinrichtung für Pflegebedürftige und Senioren im Bereich Grassau zu einem Bandendiebstahl durch „falsche Pflegekräfte“. Im Laufe der Ermittlungen konnten ähnlich gelagerte Fälle im gesamten Bundesgebiet festgestellt werden. Eine deshalb eingerichtete Ermittlungsgruppe der Kriminalpolizei Traunstein übernahm unter Sachleitung der Spezialabteilung der Staatsanwaltschaft Traunstein für grenzüberschreitende und organisierte Kriminalität („Traunsteiner Modell“) die sehr umfangreichen Ermittlungen. Um die organisierte Struktur der Bande nachweisen zu können, wurden von der staatsanwaltlichen Spezialabteilung alle bundesweit bestehenden Verfahren zusammengezogen und übernommen. Die Staatsanwaltschaft Traunstein hat sieben mutmaßliche Bandenmitglieder angeklagt, die sich seit Anfang November 2024 in Untersuchungshaft befanden. Sechs Bandenmitglieder wurden nun in drei parallel geführten Strafprozessen jeweils durch eine Große Strafkammer des Landgerichts Traunstein rechtskräftig zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Bei den Verurteilten handelt es sich um rumänische Staatsangehörige, vier Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 32 und 39 Jahren. Eine 40-jährige Angeklagte wurde rechtskräftig freigesprochen, da aus Sicht des Landgerichts deren Tatbeteiligung nicht sicher nachzuweisen war.
In den drei rechtskräftigen Urteilen des Landgerichts Traunstein wurde festgestellt, dass sich die sechs Verurteilten und mögliche weitere Bandenmitglieder spätestens im April 2024 zusammengeschlossen hatten, um dauerhaft, gemeinschaftlich und arbeitsteilig unter der Legende „falsche Pflegekräfte“ deutschlandweit durch eine Vielzahl von Taten hohe Geldbeträge und Vermögenswerte zu erbeuten. Die Tätergruppierung ging dabei immer nach dem gleichen Modus Operandi vor. Für die einzelnen Taten waren jeweils mindestens zwei, meistens jedoch drei Täter vor Ort erforderlich. Der erste Täter klingelte – als Pflegekraft verkleidet – bei Bewohnern einer betreuten Wohneinrichtung. Im Gespräch täuschte die vermeintliche Pflegekraft schließlich einen Grund für das Betreten der Wohnung der Geschädigten vor.
Im Vertrauen darauf, dass es sich bei dem Täter tatsächlich um eine Pflegekraft handele und alles seine Richtigkeit habe, gewährten die Bewohner diesem Zutritt zu ihrer Wohnung. Nach Betreten der Wohnung zog der erste Täter weiter die Aufmerksamkeit der Geschädigten auf sich und lenkte diese ab. Währenddessen betrat ein zweiter Täter, von den Geschädigten unbemerkt, deren Wohnung, entwendete während des Gesprächs des ersten Täters mit den Geschädigten vorgefundene Wertgegenstände und verließ die Wohnung wieder. Ein dritter Täter war als Fahrer des Tatfahrzeugs für die Logistik dieser Taten zuständig.
Bei den einzelnen Taten wechselten die Verurteilten jeweils ihre Rollen. Die Gruppierung nutzte zur Begehung der Taten bewusst das Vertrauen der betreuungsbedürftigen Bewohner in das Pflegepersonal aus. Durch die fortgesetzte Begehung derartiger Taten wollten sich die Verurteilten eine dauerhafte Einnahmequelle verschaffen. Der Bande gelang es auf diese Weise, im Zeitraum von Mitte April bis Anfang November 2024 in zahlreichen Pflegeeinrichtungen in ganz Deutschland Schmuck und Bargeld in Höhe von mindestens 174.000 Euro zu entwenden.
Die sechs Bandenmitglieder wurden zu Freiheitsstrafen im Bereich zwischen drei Jahren und fünf Jahren zehn Monaten verurteilt. Zu Ihren Gunsten wurde bei der Strafzumessung berücksichtigt, dass die verursachten Schäden vollständig wiedergutgemacht wurden. Bereits im Ermittlungsverfahren wurden in mehreren Pfandleihhäusern des Großraums Duisburg Wertgegenstände wie Goldschmuck, Diamantringe und Goldbarren in beachtlichem Umfang sichergestellt, welche die Diebesbande dort zu Geld gemacht hatte. Diese Gegenstände konnten den Geschädigten nun zurückgegeben werden. Darüber hinaus erhielten die Geschädigten insgesamt einen Geldbetrag von über 80.000 Euro zurück, den die Verurteilten zur Schadenswiedergutmachung erbracht hatten.
Die drei landgerichtlichen Urteile sind rechtskräftig, sodass die sechs Verurteilten, die sich seit ihrer Festnahme im November 2024 in Untersuchungshaft befanden, nun in Strafhaft sind.
Der stellvertretende Leiter der Staatsanwaltschaft Traunstein Dr. Robert Schnabl freute sich über diesen Ermittlungserfolg:
„Unsere Spezialabteilung nach dem „Traunsteiner Modell“ hat alle bundesweit bekannten Fälle bei der Staatsanwaltschaft Traunstein zusammengezogen. Dadurch ist es uns gelungen, die Bandenstrukturen zu ermitteln und effektiv gegen diese neuartige und besonders perfide Diebstahlsmasche vorzugehen. Besonders erfreulich ist es, dass zumindest die materiellen Schäden der bestohlenen älteren Menschen vollständig wiedergutgemacht werden konnten.“
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