Ratgeber

Cybertrading Fraud

SÜDLICHES OBERBAYERN: Die Schadenssummen sind enorm: allein knapp 800.000 Euro verlor kürzlich ein Mann aus dem Raum Rosenheim bei seiner vermeintlich sicheren Geldanlage über mehrere Online-Handelsplattformen. Leider gelingt es Betrügern immer wieder, durch vorgespielte Professionalität im Finanzsektor Menschen um hunderttausende Euro zu betrügen. Eine Masche der Täter: Prominenten werden Lobeshymnen über Tradingmethoden in den Mund gelegt und es wird behauptet, die Investoren der Sendung „Die Höhle der Löwen“ hätten investiert. Wie man sich schützen kann, erklärt hier das Sachgebiet Kriminalitätsbekämpfung des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd.

Bitcoin, Binäre Optionen, Aktien, Indizes, Währungen (Forex), finanzielle Differenzkontrakte (CFDs)…das klingt für den Laien alles nach satten Gewinnen und gleichzeitig nach Überforderung. So geht es vielen Menschen und dies ist zugleich der perfekte Einstieg für Betrüger. Sei es über Werbung im Internet, per Mail oder Telefonanruf, die Täter geben sich als die professionelle Heilsbringer aus, nehmen ihre „Kunden“ an die Hand und begleiten sie auf unbekannten Terrain sicher an allen Fallstricken vorbei hin zum vermeintlich großen Gewinn – den die Opfer niemals zu sehen bekommen.

Im Netz kursieren viele Internetseiten mit teils wahnwitzigen Versprechen und falschen Angaben. Oft wird dabei auch die Sendung „Die Höhle der Löwen“ zitiert und behauptet, dass die Investitionsform in der Show ein voller Erfolg gewesen wäre. Auch die Verknüpfung mit Verschwörungstheorien ist ganz oben auf der Hitliste: „Die Sendung durfte nicht ausgestrahlt werden, zu viele hätten davon profitiert“. Neben einigen Prominenten werden dem Vorstand einer großen deutschen Bank Lobesworte in den Mund gelegt. All die genannten Personen haben schlichtweg nichts damit zu tun und werden missbraucht. Wer derart belogen sein Vermögen investiert, begibt sich in die sprichwörtliche Höhle der Löwen und sieht sein Geld nie wieder. Die Opfer, die in der Regel nicht zu den Profis unter den Anlegern gehören, werden meist mit einem kleinen Anlagebetrag von 250 € geködert. Alles klingt seriös und die angeblichen „persönlichen Broker oder Trader“, die sich auch nach Befüllen einer Internetseite innerhalb von Minuten telefonisch melden, wirken wie Profis! Da wird hochtrabend von Tradingstufen gesprochen und effektheischend die Marktentwicklungen präsentiert. Natürlich vermehren sich die 250 € schnell – wie man auf dem konstruierten Internet-Kundenkonto sehen kann. Mit verschiedenen Maschen wird man zu weiteren Investitionen animiert, oftmals spielen die Täter eine Remote-Software auf den PC – angeblich zur Unterstützung und um das Trading-Portal besser erklären zu können – und sind so in der Lage direkt auf den PC und den Online-Banking-Bereich des Opfers zuzugreifen. Und der virtuelle Kontostand steigt und steigt, nur dass davon nichts reell ist. Jede beliebige Zahl kann von den Tätern auf der (Demo-) Seite eingetippt werden, denn das tatsächlich eingezahlte Geld ist schon längst im Ausland und die Opfer gehen leer aus.

Polizeipräsident Robert Kopp „Unsere Kriminalpolizeidienststellen verzeichnen derzeit eine enorme Steigerung beim sogenannten Cybertrading Fraud, sowohl bei der Quantität als auch bei der Qualität. Die hohen Fallzahlen und steigende Schadenssummen bereiten uns Sorgen. Neben den aufwändigen Ermittlungen bauen wir auf Aufklärung um so den Betrügern einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Betrüger sind immer dann erfolgreich, wenn die Opfer sich auf unbekanntem Terrrain bewegen und gleichzeitig hohe Gewinne bei niedrigem Risiko versprochen werden. Sie sind zudem meisterhafte Schauspieler! Sei es bei den Phänomenen Enkeltrick, Falsche Polizeibeamte oder wie hier beim ebenfalls sehr einträglichen Anlagebetrug – sie wiegen ihre Opfer in Sicherheit und erschleichen sich äußerst geschickt ihr Vertrauen. Bitte bewahren Sie sich ein gesundes Misstrauen und fragen Sie Fachleute, wenn es um Ihr Vermögen geht.

Eines ist auch wichtig: Niemand sollte sich schämen Opfer eines Betruges geworden zu sein und sich aus diesem Grunde nicht bei der Polizei melden! Die uns bekannten Fälle belegen, dass dies Menschen aus allen Bevölkerungs- und Bildungsschichten passieren kann. Verständigen Sie bitte die Polizei, sollten Sie ins Visier der Täter geraten oder bereits Opfer geworden sein und beherzigen Sie bitte unsere mit Fachleuten aus dem Bankengewerbe erarbeiteten Tipps.“

Bitte beachten: Sie möchten Geld anlegen? Dann richtig!

  1. Enormer Gewinn, kaum Risiko? Dann wäre es kein Geheimnis und es würde jeder machen… Seien Sie misstrauisch!
  2. Sie finden über Suchmaschinen wenige oder überwiegend negative Informationen zu der Handelsplattform? Seien Sie misstrauisch!
  3. Tolle Gewinnentwicklung auf dem (Demo-) Konto? Das Geld ist noch lange nicht auf ihrem Bankkonto. Seien Sie misstrauisch!
  4. Der „Broker“ ruft zwar Sie an, aber Sie können ihn unter der Nummer nicht erreichen? Seien Sie misstrauisch!
  5. Sie sollen mehr Geld investieren um in eine höhere Handelsstufe aufzusteigen oder Gewinne zu „sichern“? Seien Sie misstrauisch!
  6. Jemand möchte eine Remote-Software auf ihrem PC installieren um darauf zugreifen zu können? Lassen Sie das nicht zu! Seien Sie misstrauisch!

Wie kann ich mich informieren und orientieren? Wo erhalte ich Infos über Schwarze Schafe?

  • Handelt es sich um ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder einem anderen EU-Land lizenziertes Unternehmen? Prüfen Sie das in der Unternehmensdatenbank der www.bafin.de.
  • Dort erhalten Sie zudem viele Informationen rund um Finanzdienstleister und Geldanlagen.
  • Sie finden dort ebenfalls eine Datenbank zu Anbietern unerlaubter Geschäfte. Quasi ein Virenscanner für Schwarze Schafe! Aber Achtung: Ähnlich dem Virenscanner auf dem PC muss die Liste jedoch ständig aktualisiert werden und neue betrügerische Plattformen erscheinen mit Zeitverzug auf der Liste.
  • Weitere Infos gibt es auch auf der Seite der Polizeilichen Kriminalprävention www.polizei-beratung.de unter dem Schlagwort Online-Anlagebetrug.

Beispielfälle aus den Landkreisen

Lkr. Mühldorf am Inn

Ein 69-Jähriger aus dem Landkreis Mühldorf investierte auf einer Tradingplattform einen fünfstelligen Betrag. Nachdem er sein Geld zurückforderte, riss der Kontakt ab und sein gesamtes Kapital ging damit verloren. Interessant an diesem Fall und beispielhaft für viele andere: Der Betreiber der Internetplattform sitzt auf den Seychellen, ein beteiligter Zahlungsdienstleister firmiert in London und eines der zwischenzeitlich durch die KPS Mühldorf ermittelten Empfängerkonten ist einer Firma in Bulgarien zugeordnet.

Lkr. Altötting

Ein weiterer Fall der KPS Mühldorf: Fast 100% Gewinn zeigte das Tradingkonto einem 67-Jährigen aus dem Landkreis Altötting schon nach wenigen Tagen an. Dieser hatte zunächst nur den Minimaleinsatz in Höhe von 250 € investiert und sich so über den Gewinn gefreut und beeindruckt gezeigt, dass letztendlich knapp 10.000 € Investition durch ihn nachgeschoben wurden. Nur kurze Zeit später kam das böse Erwachen: Der misstrauisch gewordene Investor versuchte sein Geld zurückzuerlangen und musste feststellen, dass dieses bereits auf verschlungenen Wegen auf diverse ausländische Konten weiter transferiert worden war.

Darüber hinaus führt die KPS Mühldorf ein bayernweites Sammelverfahren, bei dem nach jetzigem Stand eine Schadenssume im hohen siebenstelligen Bereich zu vermuten sein wird. Durch die bisherigen Ermittlungen ist bekannt, dass gegen die hier im Fokus stehende Plattform nicht nur Anzeigen aus Deutschland, sondern auch aus Österreich, der Schweiz und den Niederlanden vorliegen.

Lkr. Rosenheim:

Über mehrere Jahre investierte ein 50-Jähriger aus dem Landkreis Rosenheim bei mehreren Tradingplattformen etliche hunderttausend Euro, bis der Betrug im vergangenen Jahr aufflog und der Mann Anzeige bei der Polizei erstattete. Mit den Brokern und Verantwortlichen der Tradingplattformen hatte das Opfer nur digital oder telefonisch kommuniziert und letztendlich auch den Fernzugriff auf den PC und das Online-Banking-Konto zugelassen. Die Chancen, das entwendete Geld zurückzuerlangen, stehen für den 50-Jährigen schlecht. Die Ermittlungen der Kriminalpolizeiinspektion Rosenheim laufen und gestalten sich schwierig, sitzen die Täter doch im Ausland.

Landkreis Weilheim-Schongau:

Im Landkreis Weilheim-Schongau wurde eine Rentnerin Opfer dreister Betrüger. Über 200.000 € erbeuteten diese und scheuten auch nicht davor zurück, die Frau zur Auflösung von Bausparverträgen und Lebensversicherungen zu überreden. In diesem Fall war der Köder die Masche mit der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“. Als nach einem angeblichen Verlust weiteres Geld für Investitionen gefordert wurde, um absolut sicher diese Einbußen auszugleichen, wurde die Frau misstrauisch und wendete sich an die Polizei. Die Kriminalpolizeiinspektion Weilheim ermittelt.

Lkr. Bad Tölz-Wolfratshausen:

Noch dreister gingen Betrüger bei einem älteren Herrn aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen vor. Nach dem Verlust durch betrügerische Anlageberater nahm das Opfer die Dienste eines „Unternehmens“ in Anspruch, welches ihm die Rückholung der verlorenen Summe angeboten hatte. Es dürfte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die gleichen Täter des ersten Betruges handeln. Diese „Rückholbetrüger“ schafften es ebenfalls durch sehr geschicktes Agieren nochmals einen Vorschuss für die angebliche Wiedererlangung zu ergaunern und weiteren Vermögensschaden zuzufügen.

Ein gehackter Facebook-Account war der Einstieg in einen Betrug mit Schaden in Höhe von mehreren zehntausend Euro. Eine Frau mittleren Alters aus dem Landkreis  Bad Tölz-Wolfratshausen las eine Facebook-Nachricht einer Bekannten über eine tolle Anlageform, die diese bereits selbst erfolgreich Textfeld:  getestet hätte. Leider war deren Account gehackt und für die falsche Bewerbung der Betrugsmasche missbraucht worden. Guten Glaubens hatte die Frau ihr Geld investiert und wird es wahrscheinlich nicht wieder sehen. Die Kriminalpolizeiinspektion Weilheim ermittelt auch hier.

Lkr. Traunstein

Ein aus dem Raum Traunstein stammender Rentner investierte in zunächst kleineren Stückelungen über mehrere Wochen hinweg knapp 50.000 € bei einer Tradingplattform mit angeblichem Sitz in London. Durch perfide Methoden gelang es den sogenannten „Account-Manager“ das beginnende Misstrauen beim Geldanleger zu entschärfen. Angespornt durch die in Aussicht gestellten Gewinnmaximierungen bei erneuten Investitionen und durch die gleichzeitig geforderte Nachzahlungen in Form von Gebühren, um letztendlich die aus Sicht des Opfers schon längst überfällige Gewinnauszahlung zu erreichen, zahlte das Opfer weitere Beträge ein. Selbst die Kontaktaufnahme mit der Polizei und eine Anzeigenerstattung hielten den Mann nicht davon ab, nochmals eine fünfstellige Summe bei den Betrügern zu „investieren“. Die Kriminalpolizeiinspektion Traunstein ermittelt in der Sache.

Lkr. Garmisch-Partenkirchen

Ein 59-Jähriger aus dem Landkreis investierte im Sommer 2020 innerhalb weniger Wochen einen vierstelligen Betrag über eine Online-Trading-Seite. Als er sein Geld wieder erlangen wollte, musste er feststellen, dass Rückbuchungen nicht zu stande kamen. Der anfänglich rege Kontakt zu den vermeintlichen Brokern oder Tradern erkaltete vollständig und brach vollends ab. Die KPS Garmisch-Partenkirchen ermittelt in dieser Sache.

Lkr. Miesbach

Seinen Nachkommen wollte ein Mann aus dem Raum Miesbach etwas Gutes tun und den Erlös aus dem Verkauf des Wohnhauses vor Auszahlung an seine Kinder durch eine gewinnbringende Geldanlage mehren. Nach Recherche im Internet zu Anlagemöglichkeiten in Bitcoin geriet er jedoch an Betrüger, die ihn letztendlich auch mit gefälschten Zertifikaten und Gütesiegeln überzeugten. Mit fast 500.000 € verlor er am Ende den Erlös aus dem Hausverkauf und somit den Großteil seines Vermögens. Laut den Ermittlern der KPS Miesbach war auch bei diesem Fall die nahezu völlige Unkenntnis des Geschädigten hinsichtlich des Themas Online-Investment und das blinde Vertrauen auf die vorgelegten (gefälschte) Zertifikate prägnantes Merkmal.

Lkr. Berchtesgadener Land

Textfeld:  Auf der Suche nach einer Geldanlage gab ein Rentner auf einer vermeintlichen Trading-Internetseite seine Kontaktdaten ein und wurde kurz darauf telefonisch kontaktiert. Innerhalb weniger Wochen investierte er fast 200.000 € bei einer Kryptowährungsbörse. Die Täter tauschten das Geld in Bitcoin um und verschleierten den weiteren Geldfluss durch unterschiedlichste Kryptozahlungen rund um den Globus. Durch immer neue Vorwände, wie angebliche Steuer- und Strafzahlungen, forderten sie ihn zu immer neuen Zahlungen auf, bis er schließlich Strafanzeige erstattete und die Zahlungen einstellte.

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