Kanzler Merz: die ersten 100 Tage aus der Sicht der Altöttinger SPD
Am 13.08. waren die ersten 100 Tage der neuen Bundesregierung um. Wie sieht die SPD in Altötting die Lage?
Stefan Bonauer (SB), stellv. Vorsitzender der SPD im Landkreis Altötting, hat dazu Jürgen Fernengel (JF), letztmaliger Bundestagskandidat der SPD im Wahlkreis Altötting, interviewt.
SB: Hallo Jürgen, die ersten 100 Tage der Regierung sind vorbei, an was denkst du zuerst?
JF: Hallo Stefan. Abwechslung. Einige Höhen und leider auch Tiefen.
SB: Häufig bleiben ja die negativen Themen stärker im Gedächtnis. Im Gegensatz dazu: welche positiven Sachen fallen dir gerade ein?
JF: Ja, richtig. Die Streitereien überlagern meist die inhaltliche Arbeit. Und hier ist doch einiges passiert. Das Investitionssofortprogramm stärkt die Wirtschaft, um die Arbeitsplätze zu erhalten und den Menschen Sicherheit zu geben. Mit der Verlängerung der Mietpreisbremse stellen wir uns deutlich an die Seite der Mieterinnen und Mieter, wobei klar ist, dass daneben auch viele neue Wohnungen gebaut werden müssen. Neben den beachteten, bereits beschlossenen Gesetzen hat das Kabinett auch schon weitere auf den Weg gebracht. Um dem Investitionsstau in den Kommunen zu begegnen und das Leben direkt vor Ort besser zu machen, statten wir die Kommunen mit 100 Milliarden Euro aus. Wir geben den Rentnerinnen und Rentnern Sicherheit und stabilisieren mit dem Rentenpaket das Rentenniveau. Ein Bundestariftreuegesetz hilft uns, Unternehmen, die eine Tarifbindung haben, was den Arbeitnehmerinnen und –nehmern direkt zugutekommt, zu belohnen und Unternehmen, welche noch keine haben, dazu zu motivieren. Die High-Tech-Agenda mit sechs Schlüsseltechnologien sorgt dafür, dass wir unsere Wirtschaft gezielt entwickeln und den Unternehmerinnen und Unternehmern hier Planungssicherheit bieten können. Auch der Bürokratieabbau wird ernst genommen und es wird eigens dafür ein Staatssekretärsausschuss eingerichtet. Insgesamt 11 Gesetze und mehr als 30 Kabinettsbeschlüsse in 100 Tagen. Ich freue mich nicht über alles, aber in einer Koalition muss man nunmal auch Kompromisse machen. Und es ist ja ebenfalls eine gute Sache, dass die Regierung Kompromisse finden kann.
SB: Und was sind die Tiefen, an die du denkst?
JF: Es ärgert mich ziemlich, dass ein doch erheblicher Teil der Union noch nicht in der Regierung angekommen ist und meint Opposition in der Regierung sein zu müssen. Das ist sehr nervig und war noch nie eine gute Idee. Wir haben jetzt wiederkehrend innerhalb weniger Wochen das gleiche Trauerspiel erlebt: die Regierung unter der Führung von Kanzler Merz beschließt etwas gemeinsam und sieht sich dann massivem medialen Druck ausgesetzt, da Teile der Union – seine eigenen Leute – sich nicht genug eingebunden fühlen, mit der Entscheidung nicht einverstanden sind, rebellieren und lautstark mit ihrer Meinung an die Presse herantreten. So geschehen bei der Absenkung der Stromsteuer, dem Gezerre um die Neubesetzung der Posten am Bundesverfassungsgericht und ganz aktuell die Einschränkung der Waffenexporte nach Israel. Ich bin ganz offen: wenn die Union so weitermacht, ist eine gute Regierungsarbeit nicht möglich. Besonders absurd ist es, weil öffentlich ausgetragene Debatten ja die Hauptkritik der Union an der Ampel waren.
SB: Das hört sich jetzt aber nicht sehr hoffnungsvoll an?
JF: Das ist die aktuelle Situation. Diese Regierung ist aber in der Lage zu arbeiten. Dass sie das kann und Kompromisse finden, hat sie schon bewiesen. Wir wollen gemeinsam dafür sorgen, dass es in Deutschland aufwärts geht und die Lebenssituation der Menschen verbessern. Das ist die Grundlage, auf der diese Regierung aus Union und SPD gebaut ist. Ich bin überzeugt, dass beide Parteien das verstanden haben und glaube fest daran, dass auch die Union sich künftig stärker daran orientiert als an Selbstprofilierung.
SB: Dann hoffen wir, dass das so kommt. Danke für das Gespräch!
JF: Danke ebenso!