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Burghausen: neue Brutnischen für den Waldrapp

Das Waldrapp-Team hat an der Burgmauer in Burghausen neue, erweiterte  Nistplätze für den Waldrapp eingerichtet. In diesem Jahr werden bis zu acht Brutpaare erwartet, 2024 waren es vier. Die Stadt Burghausen unterstützt das LIFE-Projekt seit mehr als 20 Jahren.  

Neugierig beobachteten die zwei Waldrapp-Weibchen von ihrem sicheren Platz auf der Burgmauer das rege Treiben nahe des Pulverturms: Der Förderverein Waldrappteam hatte am Dienstagvormittag, 4. März 2025, zur Eröffnung der neu errichteten Brutnischen in der Wehranlage neben dem Burghauser Pulverturm eingeladen. Als mehr und mehr Gäste eintrafen, entschieden sich die beiden Vögel Richtung Österreich abzuheben. „Die zwei sind gestern aus Grünau in Oberösterreich gekommen“, erzählt Corinna Esterer, die sich seit vielen Jahren im Waldrapp-Team für die Vögel engagiert.

In den kommenden Tagen erwarten Esterer, Oliver Habel, Verantwortlicher für die Waldrapp-Kolonie Burghausen, und Dr. Johannes Fritz, leitender Vorsitzender des Waldrappteams und Generalmanager von „Life Northern Bald Ibis“, die Ankunft weiterer Waldrappe. „Eine Truppe von fünf Vögeln ist gestern in der Toskana aufgebrochen“, berichtet Esterer. In diesem Jahr rechne das Team mit sechs bis acht Brutpaaren in Burghausen. Im Jahr 2024 waren es vier Paare mit insgesamt zwölf Küken. 

20 verschiedene Brutnischen für den Waldrapp in Burghausen

In den vergangenen Monaten waren die bisherigen Waldrapp-Brutnischen an der Burgmauer in Burghausen abgebaut und durch neue, erweiterte Nischen ersetzt worden. Jetzt stehen den Waldrappen 20 unterschiedliche große Nischen aus Holz für ihre Gelege zur Verfügung. In acht davon sind Kameras installiert, mit deren Hilfe sich das Brutverhalten der Tiere online beobachten lässt.

Die Planung des Projekts und den Bau hatten zwei lokale Burghauser Unternehmen übernommen. Für das Kamerasystem engagierte sich ein Betrieb aus Österreich. Eine neue Gerätehütte beherbergt das nötige Material für das Projekt vor Ort, ihr Bau erfolgte in enger Abstimmung mit der Bayerischen Burgen- und Schlösserverwaltung und dem Denkmalamt.

Waldrapp-Attrappen als Lockvögel

Um die Waldrappe zum Brüten in den neuen Nischen zu animieren, platziert das Team Waldrapp-Attrappen in den Nischen. „Auf diese Weise konnten wir im vergangenen Jahr in Überlingen am Bodensee die Besiedlung natürlicher Felsnischen imitieren“, erklärte Manager Fritz. Er betonte in seiner Rede die gute Zusammenarbeit der verschiedenen Partner für das Waldrapp-Projekt. „Für so ein europäisches Leitprojekt sind viele Personen aus vielen Ländern und über die Grenzen hinweg nötig.“ 

Der große Erfolg des Waldrapp-Teams in Burghausen, ist nach Ansicht des Experten auf die Qualität der Nahrungsgebiete in unmittelbarer Umgebung Burghausens zurückzuführen. Den Waldrapp-Pärchen in Burghausen war es unter anderem 2024 gelungen, drei Küken pro Nest bis zum Ausfliegen aufzuziehen.

Um die neuen Brutnischen zu realisieren, stellte das Bayerische Landesamt für Umwelt 46.000 Euro bereit. Mit der Summe wurde die Konzeption und technische Detailplanung der neuen Brutinfrastruktur realisiert. Darüber hinaus deckt der Betrag die Entwicklung der interaktiven GPS-Krimitour „Die verschwundenen Waldrappe“ auf der Burg und den digitalen Infopunkt „Kinderstube des Waldrapps“ auf natur.digital und den Artenschutzbrief „Waldrapp“ ab.  

Die Umsetzung des Projekts kostete 53.250 Euro. Knapp die Hälfte davon stellt die Deutsche Wildtier Stiftung zur Verfügung. Die Stadt Burghausengab 2.500 Euro dazu und unterstützte den Bau durch den Bauhof (Fundamente, Entsorgung der alten Nischen) und die Elektriker der Stadt (Elektroinstallationen in der Hütte, Netzwerkkabel für Kamerasystem). Die restlichen 25.750 Euro finanzierte der Förderverein Waldrappteam, unter anderem aus Spenden und Patenschaften (foerderverein-waldrapp.at/patenschaften). Die Stadt Burghausen unterstützt das LIFE-Projekt zur Wiederansiedlung des Waldrapps zudem jährlich mit 10.000 Euro.

Burghausens Erster Bürgermeister Florian Schneider scherzte bei der Eröffnung der neuen Brutnischen zunächst: „Wohnen in der Stadt ist ein wichtiges Projekt, der Waldrapp hat bei uns jetzt perfekte, neue Wohnungen – mit Burg- und Altstadtblick und in Sonnenlage“. Dann betont er, dass das Projekt um die Wiederansiedlung der fast ausgerotteten Vögel überaus spannend sei und wissenschaftlichen Anspruch habe. „Wir freuen uns sehr, dass sich die Vögel in der Burghauser Umgebung so wohlfühlen und hier brüten.“ Die internationale bekannte Tierforscherin Jane Goddall besuchte die Waldrapp-Kolonie im Frühjahr 2023.

Rund 60 Waldrappe werden der Burghauser Kolonie zugerechnet, 157 junge Vögel sind in der Brutkolonie nahe dem Pulverturm in alle den Jahren, in denen sich das Waldrapp-Team hier engagiert, aufgewachsen. Nach der Ankunft der Waldrappe dauert es noch einige Wochen, aber ab Mitte April rechnen die Waldrappexperten Habel und Esterer dann mit neuen Waldrapp-Küken in den Brutnischen.

Die wichtigen Eckdaten des Projekts auf einen Blick:

  • 2004: Start in Burghausen mit der ersten Handaufzucht im Rahmen der Landesgartenschau
  • 2012: erste Brut von Waldrappen in vorläufiger Struktur in der Laimgrube
  • 2014: Montage der ersten Brutnischen an der Wehrmauer beim Pulverturm und erste Brut
  • 2023/24: Erneuerung der Waldrapp-Brutinfrastruktur und zusätzliche Öffentlichkeitsarbeit in Burghausen

Foto: © RGY23 auf Pixabay

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